Workshop I
The Long Memory of Cocaine.
Die Moderne und der Wandel von Wert und Arbeit
05/10 - 10/10/2009
In englischer Sprache
Von Max Hinderer (D)
Mit John Barker (GB) & Jorge Hurtado (BOL)
Die Moderne ist für uns kein Stilphänomen, sondern sie beginnt mit
der ersten kolonialen Eroberung, ihrer Bereicherung und ihren
Genoziden: Eduardo Galeano’s “Open Veins of Latin America” (1973)
beschreibt die strukturierte Ausbeutung Latein Amerikas und die
produktive Macht seiner Einwohner durch die Kolonialisierung bis zum
heutigen Tag. Das ausgebeutete Silber und Gold, das im 16. und 17.
Jahrhundert aus den Kolonien in Schiffen nach Europa transportiert
wird, generiert hier eine unglaubliche Akkumulation von Kapital, die
zeitgleich zu dem von Marx beschriebenen Prozess der „ursprünglichen
Akkumulation“ in England stattfindet und als Beginn der
kapitalistischen Moderne begriffen werden kann. Doch was für die
Habsburger Könige von Spanien das Silber war, war für die Thatcher /
Reagan-Ära das Kokain. In besonderem Maße spiegeln sich Geschichte und
Brüche der Moderne jedoch in dem Un-Verhältnis, das das natürliche
Coca-Blatt, millenarische Kulturpflanze der Andenregionen, und das
Kokain, ein deutsches Pharmaprodukt aus dem späten 19. Jahrhundert,
zueinander unterhalten. Dennoch ist es das gute Gedächtnis des Kokains,
das die koloniale Ausbeutung der Silberminen mit Wall Street und
Produzenten und Produzentinnen immaterieller Arbeit heute verbindet.
Der Workshop bietet eine ökonomiekritische Lektüre des Verhältnisses
von Moderne, dem Unverhältnis von Coca / Kokain und immaterieller
Arbeit.
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Max
Hinderer lebt als Autor und Kunstkritiker in Berlin.
John
Barker, 1948 in Nord-London geboren, wurde 1971 als Mitglied der "Angry
Brigade" zu einer zehnjährigen Gefängnisstrafe verurteilt und begann zu
schreiben. 1986 war er in Drogengeschäfte verwickelt. Nach seiner Flucht wurde
er 1990 verhaftet und zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Auf deutsch erschien
2001 sein Roman "Termingeschäfte" beim DuMont Verlag in Köln. Barker
veröffentlicht regelmäßig politische und kulturkritische Essays u.a. für das
Londoner Mute-Magazine.
Jorge
Hurtado Gumucio ist Psychater und spezialisiert auf dem Gebiet psychoaktiver
Substanzen. Als solcher untersucht er den Nutzen von Coca-Blätter-Kosum gegen
die Kokainabhängigkeit. Außerdem ist er Direktor und Gründer des Coca-Museums
La Paz, Bolivien, und versteht sich als drogenpolitischer Aktivist für die
Belange der Andinen Kulturen. Hurtado hat verschiedene Bücher zum Thema
Coca/Kokain veröffentlicht, u.a. "Cocaine - the Legend", La Paz 1995,
die ins Englische und Französische übersetzt wurden.