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Salzburger Nachrichten - 24.09.2009
Die Wiederkehr der Kunst des "urbanen Handelns"
Nach jahrelanger Kritik, dass der "steirische herbst" seine Kompetenz und Relevanz im öffentlichen Raum verloren habe, setzt Intendantin Veronica Kaup-Hasler heuer Zeichen:

Gleich fünf Projekte bringen in der Landeshauptstadt, dort, wo weiland Hans Haacke im "herbst" die Mariensäule als NS-Siegessäule rekonstruierte oder Hartmut Skerbisch ein monumentales Lichtschwert montierte, die Kunst zu den Menschen. "Um von einem Denkmal zum Denken angeregt zu werden, muss man darüber stolpern", heißt es im vorzüglich gestalteten Magazin "herbst. Theorie zur Praxis".Den Stadtraum bespielen Sabine Breitwieser hat die bis 2010 andauernde Projektreihe "Utopie und Monument" kuratiert, die sich die (Wieder-)Aneignung des Öffentlichen durch die Kunst zum Ziel gesetzt hat. Ähnlich wie bei der nicht nur wegen Bill Fontanas Soundinstallation mit Nebelhörnern und Vogelbalzlauten legendären Ausstellung "Bezugspunkte 38/88" von Werner Fenz im Jahr 1988 wird bei "Utopie und Monument I" der gesamte Stadtraum bespielt. Ein Stadtplan dient als Führer zu den Irritationen, etwa der von Andreas Siekmann im Grazer Landhaushof platzierten Skulptur "Trickle Down". Ebendort, wo nicht selten auch das heimische Stadtmarketing skurrile Blüten treibt, setzt der Künstler seine geschredderten und zu Kugeln neu formierten Bestandteile tierischer Stadtmöblierung aus deutschen Städten (vom Pferd bis zur Kuh) aus: Kitschkunstrecycling der kritisch-humorvollen Art. Dolores Zinny & Juan Maidagan werden an der Fassade des Grazer Rathauses einen Vorhang installieren, Monumente von David Maljkovic oder Nils Norman werden auf dem Karmeliterplatz und im Volksgarten (hoffentlich) für Aufsehen sorgen. Lara Almarcegui wiederum nutzt den medialen Raum, um durch Inserate auf Brachflächen in Graz aufmerksam zu machen.Projekt "Annenviertel" Die Kunst des urbanen Handelns steht auch im Zentrum des vom Kunstverein realisierten Projekts "Annenviertel". Internationale Künstler haben einen im Wandel begriffenen Stadtteil erforscht, der trotz ständigem Krisengeraune höchst agil und vital ist. Die ersten Ergebnisse des eingeleiteten längerfristigen Prozesses? Ein Viertelradio, eine Zeitschrift sowie geführte Rundgänge und ein Stadtentwicklungs-Brettspiel von Pia Lanzinger.
Im Projekt "out" befragen junge serbische Künstler im öffentlichen Raum einer fremden Stadt ihre eigene Identität. "In ihrer Heimat wäre das so nicht möglich gewesen", erklärt "herbst"-Intendantin Kaup-Hasler, die auch noch auf das Vorhaben "TextBild MMIX" verweist. Textbotschaften von Kreativen werden mittels Leuchtschrift und Klein-Lkw in steirische Orte transportiert.

Martin Behr