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Falter - 30.09.2009
Vom flauen Gefühl der Gleichgültigkeit
Kunstkritik

Standen bislang gesellschaftliche Randgruppen im Zentrum der künstlerischen Recherchen von Artur Zmijewski, zielt der polnische Künstler nun auf die breite Masse ab, wie die Personale, die ihm der Beitrag zum steirischen herbst von Camera Austria einräumt, in brachialästhetischer Manier vor Augen führt. In seiner Werkgruppe „Democracies“ dokumentiert er politische Meinungsäußerungen unterschiedlichster Couleurs auf Videos, die in künstlich verengtem, weißgestrichenem Raum auf Flachbildmonitoren in Schwarzlackoptik laufen, während nebenan die Serie „Selected Works“ nicht Ausschnitte seines Werks, sondern den Alltag von Billiglohnarbeitern in 24-Stunden-Porträts abbildet.

In beiden Fällen passiert das unkommentiert, scheinobjektiv, ohne auch nur die Auswahl des Gezeigten erkennbaren Kriterien unterworfen zu haben, was auch der doppelsinnigen Gleich-Gültigkeit, die dem steirischen herbst dieses Jahr als Generalthema vorsteht, bestens entspricht. Radikal gleichgeschaltet kommunizieren Militärparaden mit Unruhen in Gaza, die Fans der Fußball-EM mit den versteinert um Jörg Haider Trauernden, der im Reenactment nachgestellte Warschauer Aufstand mit Demonstrationen der Gewerkschaft Solidarnosc. Angeblich alles ohne Wertung. Ob man aus diesem Setting Neues lernt, bleibt wohl dahingestellt. Möglicherweise wird man etwas über sich selbst erfahren können, denn die Verantwortung, eine Haltung einzunehmen, bleibt an den Betrachter delegiert, was ihm aber auch ermöglicht, sich über seinen privilegierten Standpunkt als Unbeteiligter klar zu werden. Insgesamt liefert die Ausstellung genug Gründe für ein flaues Gefühl im Magen.

Ulrich Tragatschnig