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Salzburger Nachrichten - 07.10.2009
Die Hagia Sophia im grauen Tarnanzug
"steirischer herbst": Zwei Projekte mit Kunst im öffentlichen Raum - "(out)" und "Utopie und Monument"

Auf Schritt und Tritt Kunst: Von Passanten beschädigte Spiegelobjekt-Kunst auf der Grazer Hauptbrücke, Kunst, die den Geruch schulischer Projektwochen verströmt (etwa das "Cyber-Monster" von Dragan Dordevic) oder zurückhaltende, ja unauffällige Kunst wie etwa die "Gemütlichen Ecken" von Ayse Erkmen. Gleich mehrere Projekte im "steirischen herbst" widmen sich dem Spannungsfeld von künstlerischen Interventionen im öffentlichen Raum, das Ergebnis ist wenig zufriedenstellend.
Das Projekt "(out)" gibt sechs jungen serbischen Kunstschaffenden Raum zur Identitätsbefragung. Was im Fall der gegenüber der Franziskanerkirche situierten, mit Militärstoffen überzogenen "Hagia Sophia" von Rados Antonijevic gut funktioniert. Auch die von Grazer Hausfassaden blickenden Personen, die via Riesentransparent Statements über ihr Leben verkünden, stellen eine positive Irritation im urbanen Alltag dar. "What Is My Citizenship", lautet der Titel dieser Arbeit von Boris Sribar.
Den übrigen Installationen von "(out)" fehlt es an Relevanz, an Professionalität in der Umsetzung: Kunst, die sich von anderem belanglosem Stadtmobiliar kaum unterscheidet. Die von Sabine Breitwieser kuratierte "herbst"-Ausstellung "Utopie und Monument" wiederum umfasst zehn Projekte von unterschiedlichster Qualität. Von Kindern gut frequentiert etwa ist der im Volksgarten aufgestellte Spiel- und Arbeitsplatz des Briten Nils Norman: eine soziale Skulptur in der vorwiegend von Migranten aufgesuchten Grünoase. Das schon bei "Skulptur Projekte" in Münster 2007 gezeigte Tierskulptur-Recycling von Andreas Siekmann ist originell, hat aber wenig mit Graz zu tun, wo der fragwürdige Pferd-Kuh-Bär-Virus bislang noch nicht ausgebrochen ist.
Auffällig ist der Riesenvorhang, den Dolores Zinny und Juan Maidagan vor dem Portikus des Grazer Rathauses montieren ließen. Allein: Der angestrebte Charakter des Bühnenhaften erschließt sich über den monumentalen textilen Faltenwurf nur bedingt. Das von David Malikovic geplante "Monument für Graz" verströmt - sofern man die Bautafel auf dem Karmeliterplatz überhaupt sieht - utopisches Flair, schon weil eine "Akademie für bildende Kunst in Graz" errichtet werden soll. Ein Pavillon der "Kooperative für Darstellungspolitik" informiert über die Historie von Kunst im öffentlichen Raum. Spätestens hier wird klar: Früher war alles besser.

Martin Behr