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Kleine Zeitung - 18.10.2009
Ein Lorbeerblatt pflücken


Unter Veronica Kaup-Hasler, die den steirischen herbst seit vier Jahren leitet, ist die Suche nach ungewöhnlichen Formen und Formaten der Bühnenkunst wieder zurückgekehrt." - So war es kürzlich im renommierten Deutschlandfunk zu hören.

Heute geht der herbst 09 zu Ende, Gelegenheit für eine kurze Bilanz. In der Tat verzichtet die Intendantin konsequent auf theatralische Großereignisse und investiert ihre knappen Budgets lieber in kleine Wandercompagnien, die immer wieder allerlei Überraschendes und Staunenswertes liefern. Beispielsweise deep blue mit ihrer stillen Schachtelpost "you are here". Großartig auch "Radio Muezzin", toll der geniale Fotoroman "Void Story". Berlins Multimedia-Doku "Moskau" war so dicht, dass man die menschenfeindliche Temperatur im Volksgartenzelt glatt überstand. Berührend Lola Arias' Kindheitserinnerungen im Schatten der Diktaturen.

Dazu kommen eine Menge geglückter Ausstellungen, ziemlich eindrucksvolle Clubkonzerte, das musikprotokoll sowie eine Eröffnung, die auch mit Humor - einer Rarität im Kunstbetrieb - durchsetzt war. Summa summarum gute Arbeit.

Man kann über den steirischen herbst nicht schreiben, ohne beim Geld zu landen. Mit 3,6 Millionen Euro ist er gewiss nicht überdotiert. So viel/wenig gab es bereits Ende der 90er-Jahre. Die Wiener Festwochen bekommen für einen ähnlichen Zeitraum mehr als das Dreifache. Beim herbst kommt noch dazu, dass die Direktion einen erklecklichen Teil des Geldes alljährlich aus diversen Sonderbudgets zusammenbetteln muss. Das reduziert die Planungs-sicherheit und ist außerdem eines Festivals von solcher Tradition unwürdig.

Wenn man die Marke für das Land erhalten will, muss man dafür auch geradestehen. Es ist gut, wenn das Programm selbst von allerlei Überraschungen gekennzeichnet ist. Für den ökonomischen Rahmen gilt diese Regel wohl nicht. Auch ein per se unsicheres, dem Experiment verpflichtetes Festival braucht eine gesicherte Dotierung. Bettina Vollath, neue Landesrätin für Kultur, könnte sich damit ein erstes Lorbeerblatt pflücken.

Frido Hütter