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Kronen Zeitung - 04.10.2009
Die Flucht ins Chaos
In eine gefährliche Welt entführten die Mitglieder der britischen Theater- und Performance-Truppe Forced Entertainment mit ihrer Produktion "Void Story" im Festivalzentrum des "steirischen herbst" in Graz.

Ein junges Paar auf der Flucht gerät von einer Katastrophe in die nächste - höchst unterhaltsam, nebenbei bemerkt.

Forced Entertainment: reduzierter Auftritt, spektakuläre Story Tim Etchells und seine Mitstreiter von Forced Entertainment feiern heuer ihr 25-Jahre-Jubiläum. In diesem Vierteljahrhundert haben die Briten dem zeitgenössischen Theater einen markanten Stempel aufge-MICHAELA REICHARTdrückt. Auch heute noch erforschen sie die Mechanismen des Theaters, untergraben genussvoll die Erwartungen des Publikums und spielen oft ein böses Spiel mit diversen (Bühnen-)Konventionen. Das ist auch in ihrem jüngsten Wurf "Void Story" nicht viel anders. Eine Vorstufe dieser theatralischen Tour de Force war ja bereits im Jänner dieses Jahres im Wiener Tanzquartier zu sehen, die fertige Fassung erlebte nun in Graz im Rahmen des "steirischen herbst" ihre österreichische Erstaufführung. Zwischen Hörspiel, Fotoroman und Cartoon pendelnd, wird die Geschichte eines jungen Paares erzählt, das sich - mehrfach angeschossen und noch zusätzlich durch Stürze in große Tiefen, wild gewordene Messerwerfer und brutale Tierfallen verletzt - auf einer irrwitzigen Flucht durch eine äußerst widrige und gefährliche Umwelt befindet. Dort trifft es auf gefährliche Kinder, wahnsinnige Vamps, äußerst zwielichtige Hoteliers und versucht letztlich sogar, mittels eines Tanzmarathons dem ganzen Grauen zu entkommen, nur um dann in einer noch wesentlich schlimmeren Situation zu landen. Wie in einem Computerspiel scheinen die Protagonisten über mehrere Leben zu verfügen und sich von Level zu Level weiterarbeiten zu müssen. Immer wenn die Lage besonders schlimm ist, kommt allerdings das zum Tragen, was die Briten gemeinhin auszeichnet: jede Menge schwarzer Humor. Robin Arthur, Richard Lowdon, Cathy Naden und Terry O'Connor hauchen diesem von Autor und Regisseur Tim Etchells geschaffenen tiefschwarzen Kosmos an Tischen sitzend und aus den Manuskripten lesend Leben ein. Allein mit ihren Stimmen und Geräuschen aus dem Laptop treiben sie das Publikum von wohligen Schauern zu befreitem Lachen. Beides kann sich freilich auch ganz schnell wieder in nacktes Grauen wandeln. Eine faszinierende Studie theatralischer Formen und deren Wirkung, die genussvoll rezipiert werden kann.

Michaela Reichart