Falter - 28.10.2009
Vom flauen Gefühl der Gleichgültigkeit
Standen bislang gesellschaftliche Randgruppen im Zentrum der
künstlerischen Recherchen von Artur {mijewski, zielt der polnische
Künstler nun auf breite Massen ab, wie die Personale, die ihm der
Beitrag zum steirischen herbst von Camera Austria einräumt, in
brachialästhetischer Manier vor Augen führt. In seiner Werkgruppe
?Democracies? dokumentiert er politische Meinungsäußerungen
unterschiedlichster Couleurs auf Videos, die in künstlich verengtem,
weiß gestrichenem Raum auf Flachbildmonitoren in Schwarzlackoptik
laufen, während nebenan die Serie ?Selected Works? nicht Ausschnitte
seines Werks, sondern den Alltag von Billiglohnarbeitern in
24-Stunden-Porträts abbildet.
In beiden Fällen passiert das
unkommentiert, scheinobjektiv, ohne auch nur die Auswahl des Gezeigten
erkennbaren Kriterien unterworfen zu haben, was auch der doppelsinnigen
Gleichgültigkeit, die dem steirischen herbst dieses Jahr als
Generalthema vorsteht, bestens entspricht. Radikal gleichgeschaltet
kommunizieren Militärparaden mit Unruhen in Gaza, die Fans der
Fußball-EM mit den versteinert um
Jörg Haider
Trauernden, der im Reenactment nachgestellte Warschauer Aufstand mit
Demonstrationen der Gewerkschaft Solidarno´s´c. Angeblich alles ohne
Wertung. Ob man aus diesem Setting Neues lernt, bleibt wohl
dahingestellt. Möglicherweise wird man etwas über sich selbst erfahren
können, denn die Verantwortung, eine Haltung einzunehmen, bleibt an den
Betrachter delegiert, was ihm aber auch ermöglicht, sich über seinen
privilegierten Standpunkt als jeweils Unbeteiligter klar zu werden.
Insgesamt liefert die Ausstellung genug Gründe für ein flaues Gefühl im
Magen.
Ulrich Tragatschnig