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Kronen Zeitung - 11.10.2009
Poetische Aufhebung der Zeit
Der argentinische Regisseur Federico León beim "steirischen herbst" in Graz

Eine faszinierende Mixtur aus Film und Theater bietet Regisseur Federico León mit seiner Produktion "Yo en el futuro (Ich in der Zukunft)" im Festivalzentrum des "steirischen herbst". Er zeigt drei Personen in drei verschiedenen Lebensabschnitten, führt charmant den Begriff Zeit ad absurdum.
"Yo en el futuro (Ich in der Zukunft)": Poetischer Theaterabend aus Argentinien beim "herbst" Federico León erzählt seine Geschichte auf drei Ebenen: Kinder, die sich, ihre Eltern und ihre Großeltern in den 50er-Jahren filmen, in den 70er-Jahren als junge Erwachsene mit dem Medium Film experimentieren, und sich schließlich als alte Menschen die Aufnahmen von früher noch einmal gemeinsam mit ihren Kindern und Enkeln anschauen. Dabei verschwimmen die zeitlichen Grenzen mehrfach. Alles wird zu einem Kreis, ohne Anfang und Ende. Große Themen sind es also, die in Leóns Produktion mitspielen. Die Vergänglichkeit, das Altern und das Sterben haben ebenso ihre Einsätze wie das Entstehen, die Jugend und das Wachsen. Auch die Beziehungen der drei Personen untereinander kommen nicht zu kurz. Dazu liefert er eine anschauliche Geschichte der kleinen, privaten Familienfilme und legt noch ein bisschen Kino-Nostalgie dazu. Selbst das Theater und seine Theorie haben ihren Platz, als auch noch das Publikum zu einem Teil dieser Performance wird. Manch einer kommt bei diesen Inhalten mit einem ganzen umfangreichen Lebenswerk nicht aus, León packt sie in bezaubernde 40 Minuten voller Poesie und Kraft. Sein ausdrucksstarkes Ensemble trägt viel dazu bei. Ein Abend, wie man ihn sich öfter wünschen würde, der einen aus Raum und Zeit hebt und in die wunderbare Welt der Poesie entführt.

Michaela Reichart