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Kronen Zeitung - 27.09.2009
Berichte vom Leben
Vier tiefgläubige Menschen erzählen von ihrer Religion, ihrer Vergangenheit, ihrem Alltag.

Radio Muezzin" der Gruppe Rimini Protokoll bereitet dem "steirischen herbst" einen ruhigen, behutsamen Start mit dokumentarischem Theater, das Einblicke in Menschenleben vermittelt, ohne voyeuristisch zu werden.
"Radio Muezzin" im FZ/Orpheum: Behutsame Annäherung an fremde Lebenswelt. Die Ausgangssituation: In Ägypten soll der täglich sechsmal erschallende Ruf zum Gebet via Live-Radiosendung vereinheitlicht werden. Fast alle der 30.000 Muezzine Kairos würden durch diesen Sparplan überflüssig. Regisseur Stefan Kaegi von Rimini Protokoll hat mit vier betroffenen Muezzinen und einem Radiotechniker ein Stück erarbeitet, in dem sie über ihr Leben und ihre Arbeit berichten. "Radio Muezzin" ist ein Dokumentartheater, das seine Personen behutsam, respektvoll behandelt. Die sehr verschiedenen Schichten entstammenden Männer geben überraschende Einblicke in ihr Dasein. Theatralische Mittel werden nur dezent eingesetzt, nicht zuletzt auch, weil die Protagonisten eine kulturell motivierte Abneigung gegen Schauspiel und Theater hegen. Dennoch ist "Radio Muezzin" mehr als eine gediegene Dokumentation. Die körperliche Präsenz dieser Menschen, die unmittelbare Gegenwart ihrer Stimmen und Gesten, ihr würdevolles Auftreten - daraus entsteht eine wunderbare Atmosphäre, die ein TV-Film niemals zustande brächte. Selten war zuhören schöner als hier.

Martin Gasser