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Kleine Zeitung - 10.10.2009
Das Leben wohnt im Hotel
Gelebte Geschichte im steirischen herbst: Im "Hotel Rollator" gastiert die Erinnerung.

Was, Sie wollen schon schlafen gehen? Es ist doch erst halb sechs!" - "Na gut, warte ich halt noch eine Stunde", sagt der Mann im Rollstuhl.
Alltag im Altenheim. Aber nicht dieser Tage, nicht in Graz-St. Peter. Im Caritas Senioren- und Pflegewohnhaus hat letzte Woche das "Hotel Rollator" eröffnet. Im Foyer das Hauses haben Künstler von uniT und Heimbewohner eine Hotellobby eingerichtet, inklusive Rezeption, Empfangskomitee und Unterhaltungsprogramm. Ein hoteleigenes Kino zeigt Animationsfilme, es gibt Live-Musik, ein Magazin, Fotos, Bildcollagen, Designobjekte dokumentieren eine Modenschau der Heimbewohner aus dem Vorjahr: Selbstbewusste Zeichen für die kreativen Ressourcen der Alten. In dem seit drei Jahren laufenden Projekt gehe es darum, "der Entwurzelung eines Lebens im Altersheim entgegenzuwirken", meint die Leiterin von uniT, Edith Draxl.
Kaffeefahrten und mehr
Als Brückenschlag zwischen der Innen- und der Außenwelt des Heims hat das Projekt in diesen Tagen Festcharakter: Auf einer Bühne inmitten schillernder Satintapeten beweist Emil Pfeiffer, Zirkusdirektor in Ruhe, ungebrochene Entertainerqualitäten. "Du schwarzer Zigeuner", singt er und verspricht später noch zu zaubern und bauchzureden: "Wenn es Ihnen gefällt, kommen Sie morgen wieder!"
Gut 400 Besucher haben das gastliche Haus in der ersten Woche bereits frequentiert, noch bis 16. Oktober ist das "Hotel Rollator" geöffnet (täglich von 14 bis 18 Uhr), heute und am kommenden Mittwoch, 14. Oktober (jeweils 17 Uhr) werden vom "herbst"-Festivalzentrum aus "Kaffeefahrten" nach St. Peter unternommen.
Zu sehen gibt es dabei unter anderem Kinofilme, Salonmusik und Trickfilme von Julia Laggner und Andrea Markart.
Darin legen Hennen statt Eier Zitronen, und ein VW-Bus fliegt auf Wellensittichflügeln davon: pfiffige Bildkommentare zu echten Lebensgeschichten. Die künstlerische Verfremdung, das Zusammenwirken von Kunst und Erfahrung wird zum Instrument einer Aneignung: "Ich bin nicht alt, ich bin nur lange auf der Welt", sagt etwa Johanna Quintus in "Stop Motion". So knapp lassen sich der gesellschaftliche Umgang mit dem Alter, aber auch die Rückeroberung der eigenen Existenz zusammenfassen.

Ute Baumhackl