Kleine Zeitung - 18.10.2009
Chiffren von Unschuld und Krieg
Mit Hooman Sharifis "Impure Company" wird Tanzkunst politisch.
Eine fast leere Bühne. Beleuchtungskörper an beiden Seiten, Knäuel
bunter Tücher an den Rändern. Eine Videoleinwand gibt aus der
Vogelperspektive wieder, was das Publikum vor Augen hat: Fünf Menschen
in schwarz, die Gesichter von Gazebinden verborgen, bei der Erkundung
des Raumes, des eigenen und fremder Körper. Mal vorsichtig, mal brutal,
dann wird jeder Kontakt zum Durchdringungsversuch. Keuchen, Stöhnen,
Zischen, Schnalzen ist zu hören, ehe sich die Energie in einem
gemeinsamen Schrei entlädt.
"Lingering of an earlier event"
(Verweilen eines früheren Ereignisses) ist der Titel des Stücks, das
Choreograf Hooman Sharifi und seine "Impure Company" als letzte
herbst-Premiere zur Uraufführung bringen. In stark chiffrierter, hoch
energetischer Bewegungssprache geht es dabei um Unschuld und drohenden
Krieg. Sharifi, im Iran geboren, in Norwegen daheim, befasste sich in
seiner Jugend mit HipHop und Street Jazz, das bringt er in die
kraftvolle Choreografie ein.
Die Bilder werden langsam
redundant, als sie sich plötzlich wandeln, die Tänzer unter die Tücher
schlüpfen und die Performance eine verstörend schöne Fortsetzung in
vollkommener Verhüllung findet, bei Musik, die zu Hubschraubergeknatter
mutiert. Das Schlussbild zeigt die fünf nackt auf dem Boden, gemeinsam
singen sie ein persisches Lied.
Ute Baumhackl